Ende Juli hat die Bundesregierung die „Fortschreibung der Nationalen Wasserstoffstrategie“ beschlossen. Grundlage war die „Nationale Wasserstoffstrategie“ (NWS) aus dem Jahre 2020. Diese Fortschreibung entwickelt die bisherige NWS weiter und passt sie an das gesteigerte Ambitionsniveau im Klimaschutz und den neuen Anforderungen am Energiemarkt an. Eine zuverlässige Versorgung Deutschlands mit grünem Wasserstoff ist dabei erklärtes Ziel der Bundesregierung.
Maßnahmen im Einzelnen
Die Maßnahmen betreffen die gesamte Wertschöpfungskette und betrachten kurz-, mittel und langfristige Zeitpunkte.
- Der beschleunigte Markthochlauf von Wasserstoff betrifft auch seine Derivate und Anwendungstechnologien. Alle Bereiche sollen massiv gesteigert werden.
- Die ausreichende Verfügbarkeit von Wasserstoff und seiner Derivate soll durch den Aufbau von 10 GW (bisher 5 GW) heimischer Elektrolysekapazität bis zum Jahr 2030 sichergestellt werden. Der restliche Bedarf wird durch Importe gedeckt. Hierzu wird eine gesonderte Importstrategie entwickelt.
- Eine besondere Bedeutung erhält der Aufbau einer leistungsfähigen Wasserstoffinfrastruktur. Zentraler Punkt ist der Aufbau eines Wasserstoff-Kernnetzes mit 1.800 km umgestellter und neu gebauter Wasserstoffleitungen in Deutschland bis zum Jahr 2027/2028. Erweiterungen bis zum Jahr 2030 soll alle großen Erzeugungs-, Import- und Speicherzentren mit den relevanten Abnehmern verbinden.
- Wasserstoffanwendungen sollen bis 2030 in den Sektoren Industrie, schwere Nutzfahrzeuge einschließlich Luft- und Schiffsverkehr, im Stromsektor zur Versorgungssicherheit und zur Wärmeversorgung etabliert werden.
- Die Technologieführerschaft Deutschlands in den Wasserstofftechnologien soll ausgebaut werden.
- Schließlich sollen geeignete Rahmenbedingungen und eine Importstrategie den Wasserstoffhochlauf stützen und begleiten.
Reaktionen von Verbänden
„Insgesamt positiv“ bewertet der Verband kommunaler Verbände (VKU) die Wasserstoffpläne. Insbesondere die Technologieoptionen für eine Umnutzung des Gasverteilnetzes, das sektorenübergreifend im Wärmemarkt, in der Industrie und bei der Stromversorgung angedacht ist, erfährt Zustimmung. Auch der Einsatz von „kohlenstoffarmen“ Wasserstoff in der Phase des Markthochlaufes wird als Notwendig angesehen, um ausreichende Mengen an Wasserstoff bereitstellen zu können und damit preisdämpfend zu wirken, laut Bayern innovativ.
Negativ sieht das Wuppertal Institut die Offenheit gegenüber „blauem“ Wasserstoff und die nicht ausreichende Erschließung heimischer Potenziale von grünem Wasserstoff. Auch der Bundesverband Erneuerbare Energie e.V. bemängelt, dass die Produktion von „heimischen grünen Wasserstoff“ auf Basis von Biogas und Holz zu wenig Beachtung finden.
Meinung
Da es sich erst um einen abgestimmten Entwurf mehrerer beteiligter Ministerien, aber noch keinem Kabinettsentwurf bzw. Beschluss handelt, bleibt abzuwarten, welche Punkte wegfallen bzw. welche Aspekte neu eingefügt werden. Auch muss den Derivaten von grünem Wasserstoff hinsichtlich Speicherbarkeit und Transportfähigkeit noch stärkeres Gewicht beigemessen werden für ein Gelingen der „Wasserstoffstrategie“. (RM)